Frankfurt am Main. Drei Jahre nach der Ermordung des pakistanischen Ministers für Minderheiten Shabaz Bhatti soll ihn die katholische Kirche als Märtyrer anerkennen. Das sei ihm die Kirche schuldig, so die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM). Weil er sich öffentlich für die im November 2010 wegen angeblicher Blasphemie zum Tode verurteilten Asia Bibi eingesetzt hatte, wurde er von seinem Leibwächter auf offener Straße ermordet. Gleichzeitig erinnert die IGFM an all diejenigen, die in Pakistan wegen angeblicher Blasphemie in Todeszellen auf eine Neuaufnahme ihrer Verfahren oder ihre Hinrichtung warten. Zum Tode sind sowohl Christen als auch Muslime verurteilt worden.
Shabaz Bhatti, überzeugter katholischer Christ, hatte sich öffentlich für die Revision des pakistanischen Blasphemiegesetzes eingesetzt. Zu oft wird der Vorwurf, den Koran oder den Propheten beleidigt zu haben, aus persönlicher Rache oder aus Habgier als Waffe gegen Konkurrenten und Andersgläubige eingesetzt. Für strenggläubige Muslime in Pakistan gilt bereits die Anklageerhebung wegen Blasphemie als Beweis der Schuld.
Die Christin Asia Bibi, Vorarbeiterin auf einem Landgut, war von anderen Mitarbeiterinnen aufgefordert worden, zum Islam überzutreten. Ein Disput um ein Trinkwassergefäß, das durch die Berührung durch die Christin angeblich unrein geworden sei, führte zur Anzeige wegen Blasphemie. Asia Bibi wurde im November 2010 als erste Frau zum Tode verurteilt und wartet in einem Frauengefängnis der Stadt Multan bisher vergeblich auf die Aufhebung des Urteils durch das oberste Provinzgericht in Lahore.
Auch der bereits im Juli 2002 wegen angeblicher Blasphemie zum Tode verurteilte (vermutlich geistesgestörte) Christ Anwar Kenneth, inhaftiert im Männergefängnis von Multan, wurde bisher nicht freigesprochen. Auch Muslime sind Opfer des berüchtigten Gesetzes: Am 22. Januar 2014 erging in Rawalpindi ein Todesurteil wegen Blasphemie gegen den kranken Mohammad Asghar, einem 67jährigen Rentner britischer Staatsangehörigkeit.
Anlässlich des 3. Todestages von Shabaz Bhatti am 2. März bittet die IGFM im Sinne Bhattis den Staatspräsidenten Mamnoon Hussain um umgehende Intervention gegen die bestehenden Blasphemie-Todesurteile, um den Schutz der von Extremisten bedrohten Verurteilten und den Mut zur Revision des Gesetzes.
Die IGFM wendet sich aber auch an Papst Franziskus und erinnert an die bereits im März 2012 von der pakistanischen Bischofskonferenz geforderte Anerkennung des Katholiken Shabaz Bhatti als christlichen Märtyrer der Menschenrechte, insbesondere der Religionsfreiheit. Asia Bibi, für deren Freilassung zu sterben Minister Bhatti nach eigenen Worten bereit war, hat Anfang des Jahres einen bewegenden Brief aus ihrer Todeszelle heraus an Papst Franziskus geschrieben.
Aktuell berichtet Radio Vatikan: Das Oberste Gericht in Lahore hat den Start des Prozesses verschoben, bei dem Asia Bibi gegen ihr Todesurteil in die Berufung zieht. Die Christin, eine Mutter von fünf Kindern, sitzt seit 2009 im Gefängnis, weil sie den islamischen Propheten Mohammed beleidigt haben soll. Nach Angaben von Mobeen Shahid, Dozent für Islamisches Denken an der Päpstlichen Lateranuniversität, wurde Asia Bibi in ein Gefängnis im Süden des Landes verlegt; damit sei es für ihre Familie „sehr schwer geworden, sie zu erreichen“. Die Gefangene stehe „unter enormem Stress“ und werde „von ihren Mitgefangenen bedroht“. (rv)
Anmerkung: Die Verschiebung kann wohl in Zusammenhang mit dem aktuellen Anschlag auf ein Gericht in Islamabad gesehen werden: Die Richter haben Angst. Bei dem Anschlag in Islamabad wurde ein Richter getötet, der sich durch seine Urteile bei Islamisten unbeliebt gemacht hat.