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China: Kirchen unter permanentem Druck

Weltgebetstag für China am 24. Mai 2009

Kirche in Not, Deutschland. Papst Benedikt XVI. ruft alle Katholiken zum „Weltgebetstag für China“ am 24. Mai 2009  auf. Diesen Gebetstag hat der Papst bewusst auf den Tag der traditionellen Wallfahrt nach Sheshan, zum größten Marienheiligtum Chinas nahe Shanghai, gelegt.

Pfarrer Michael Bauer kümmert sich in Shanghai als Seelsorger um die deutschsprachigen Katholiken. In einem Interview berichtet er dem weltweiten katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“ über die Lage der Katholiken in China im Vorfeld dieses Weltgebetstags.

 

Das Gespräch führte „Kirche in Not“-Mitarbeiter André Stiefenhofer

  

Pfarrer Bauer, was bedeutet der Weltgebetstag für die Katholiken in Shanghai?

 

Das ist ein ganz besonderer Tag, denn der Weltgebetstag für China ist ja speziell der Muttergottes von Sheshan geweiht. Und genau dieses Heiligtum „Unsere Liebe Frau Von Sheshan“ liegt in unmittelbarer Nähe von Shanghai. Darum ist das ein besonderer Tag für die ganze Diözese. Während des ganzen Monats Mai pilgern wir Christen verstärkt zu dem Marienheiligtum.

 

Wie bekannt ist das Marienheiligtum Sheshan über Shanghai hinaus?

 

Bei den Katholiken ist es im ganzen Land bekannt. Unter den Nicht-Christen beschränkt sich die Bekanntheit natürlich auf die Region Shanghai. Aber für jeden, der zur katholischen Kirche gehört, hat die Muttergottes von Sheshan eine sehr tiefe Bedeutung.

 

Beschreiben Sie uns Sheshan ein wenig – was erwartet den Pilger dort?

 

Das Heiligtum würde zumindest der deutsche Pilger so an dieser Stelle nicht erwarten. Mitten auf dem höchsten Berg der Diözese Shanghai, auf 109 Metern über dem Meeresspiegel, kann man schon von weitem eine Kirche sehen. Auf dieser Kirche steht eine Statue der Muttergottes, sie hält das Jesuskind über ihren Kopf, und das Kind breitet seine Arme aus. Von Ferne wirkt diese Statue wie ein Kreuz. Für den Pilgerweg zur Kirche benötigt man zu Fuß etwa eine halbe Stunde. Auf dem ganzen Weg laden Kreuzweg-Stationen zum Verweilen ein – und manche Gläubige sieht man auch den ganzen Kreuzweg auf Knien zurücklegen. Das ist sehr ergreifend und zeigt jedem Pilger, dass er sich einer Gebetsstätte nähert, einem Ort, an dem Gott gegenwärtig ist. Am Samstag, dem 23. Mai, werden der Bischof und alle Priester der Diözese gemeinsam mit vielen Gläubigen zu diesem Heiligtum auf dem Sheshan pilgern. Auch am eigentlichen Festtag, dem 24. Mai, am Fest „Maria, Hilfe der Christenheit“, wird es eine Prozession geben, um die Muttergottes an diesem Wochenende in den Mittelpunkt zu stellen.

 

Im vergangenen Jahr durften nur Katholiken aus der Diözese Shanghai an dieser Wallfahrt teilnehmen. Wird die chinesische Regierung auch in diesem Jahr wieder die Anreise von Katholiken aus anderen Bistümern behindern?

 

Nach meinen Informationen wird die Wallfahrt auch in diesem Jahr weitgehend auf die Diözese Shanghai beschränkt sein. Katholiken, die von weiter weg anreisen, müssen Sondergenehmigungen beantragen. Darum dürfte die Situation in diesem Jahr jener im vergangenen Jahr ziemlich gleichen.

 

Wie viele Pilger werden unter diesen Umständen den Weg nach Sheshan finden?

 

Ich denke, im gesamten Monat Mai werden es wohl mehrere zehntausend sein. Schon am Wochenende vom 23. auf den 24. Mai erwarte ich, dass mehrere tausend Gläubige an der Wallfahrt teilnehmen werden.

 

Im Westen hat man vielfach noch die Vorstellung von einer zweigeteilten Kirche: Zum einen die staatlich gelenkte offizielle katholische Kirche Chinas und zum anderen die so genannte „Untergrundkirche“. Wie sieht das im Alltag aus – gibt es zwei Kirchen in China oder gibt es auch ein Miteinander?

 

Ich würde es allgemeiner ausdrücken: Es ist sozusagen eine Kirche auf zwei verschiedenen Etagen. Natürlich gibt es zwischen diesen beiden Etagen Unterschiede und auch Meinungsverschiedenheiten. Aber im Grunde merken beide Gruppierungen immer mehr, dass sie zusammengehören. Ich erlebe hier eine Kirche, aber mit unterschiedlichen Ausdeutungen. Wobei es recht problematisch ist, diese Aussage auf ganz China zu übertragen. Denn die Situation der Kirche unterscheidet sich oft grundlegend von Provinz zu Provinz und von Diözese zu Diözese. Aber ich glaube, dass trotz aller kleinen Rückschritte im großen und ganzen der Prozess des Zusammenwachsens weitergehen wird.

 

Ist denn die Wallfahrt nach Sheshan beispielsweise eine reine Angelegenheit der offiziellen katholischen Kirche oder werden dort auch Mitglieder der „Untergrundkirche“ toleriert?

 

Sagen wir es so: Die Wallfahrt ist ein Anliegen aller Katholiken, und es wünscht sich natürlich jeder Gläubige, nach Sheshan zu kommen. Ich bin überzeugt, dass sehr viele den Weg zur Muttergottes finden werden. Einige, die schon damit rechnen, dass es im Monat Mai mit der Wallfahrt für sie schwierig werden könnte, werden ihre Pilgerreise dann eben ein bisschen verlegen – auf Zeiten, in denen die Kontrollen nicht so stark sind. Aber ganz gleich, wann man reist: Diese Wallfahrt vereint alle Katholiken Chinas, egal ob sie zur offiziellen oder inoffiziellen Seite der Kirche gehören.

 

Welche Gebetsanliegen liegen Ihnen am Weltgebetstag für China auf dem Herzen?

 

Wenn ich mich hier in Shanghai umschaue, dann sehe ich eine Millionenstadt, eine Weltmetropole, aber leider mit nur sehr wenigen Priesterberufungen. Mir wäre es ein großes Anliegen, dass viele junge Katholiken in dieser Stadt den Ruf zum Priestertum verspüren und damit den Menschen dienen und die Frohe Botschaft verkünden. Für ganz China habe ich darüber hinaus den Wunsch, dass die Kirche nicht nur weiter wächst, sondern vor allem auch zusammenwächst, dass wir als Katholiken in China noch tiefer geeint werden. Aber natürlich auch, dass wir uns in die Weltkirche eingliedern können und dass der Kontakt zu dieser Weltkirche wächst und weiter ausgebaut werden kann.

 

Zwei Jahre ist es inzwischen her, dass Papst Benedikt sich in einem Brief an die Katholiken in China gewandt hat. Was hat der Brief rückblickend bewirkt?

 

Für mich sind die Auswirkungen dieses Briefes im Moment noch sehr schwer einzuschätzen. Wer auf kurzfristige Erfolge gehofft hatte, der mag etwas enttäuscht sein. Aber ich glaube, dass der Brief den Katholiken und den offiziellen Stellen in China eine wichtige Orientierung gegeben hat, weil er das Denken von Papst Benedikt und auch die Einstellung der Kirche zu China sehr deutlich macht. Er zeigt auch, in welche Richtung der Weg der Kirche in China in Zukunft gehen kann. Warum noch nicht so viel auf diesen Brief hin passiert ist, liegt wohl auch daran, dass die meisten erst einmal abwarten wollten, was die anderen auf diesen Schritt hin tun werden. Der Brief Benedikts wird darum erst in der Zukunft seine wahre Frucht bringen.

 

 

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