Kairo/Frankfurt am Main. Wohin steuert das Land der Pharaonen? Ist Präsident Mursi aufgrund seiner Machtfülle ein neuer Pharao? – Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) fürchtet, dass Ägyptens Präsident auf eine „Islamische Republik Ägypten“ zusteuert. In den vergangenen Tagen seien in Kairo die Anhänger der Mursi nahestehenden Moslem-Bruderschaft erstmals gemeinschaftlich und mit intensivem Gewalteinsatz gegen liberale und säkulare Demonstranten vorgegangen. Hunderte seien dabei verletzt worden, mehrere verloren ihr Augenlicht. Kann diese Entwicklung nicht mehr aufgehalten werden, sind nach Einschätzung der IGFM die christliche Minderheit und die Frauen Ägyptens am härtesten getroffen.
Gegenwärtig befänden sich die christlichen Kirchen Ägyptens in einer Art „Schreckstarre“. Der Widerstand und die Proteste gegen eine neue Diktatur unter islamischen Vorzeichen seien vor allem von liberalen und säkularen Jugendbewegungen getragen, die bereits die Initiatoren der Revolution gegen das Mubarak-Regime waren. Die Kopten schweigen bisher.
Auch ehemalige Unterstützer von Präsident Mursi wenden sich gegen ihn. Widerstand gegen Mursi erwacht nach Beobachtungen der IGFM aber auch in einigen Regionen Oberägyptens. Die Enttäuschung darüber, dass sich Präsident Mursi außenpolitisch profiliere aber darüber die zahlreichen Probleme im Inneren ignoriere, ist groß. Nach einem katastrophalen Zugunglück der völlig vernachlässigten ägyptischen Bahn am 17. November ist die Stimmung in Teilen der Bevölkerung gegen Mursi umgeschlagen.
Polizei und Militär binden sich gegenseitig. Die wichtigsten Säulen des alten Mubarak-Regimes – Polizei, Geheimdienst und Militär – seien nach wie vor nicht unter der Kontrolle der Muslimbruderschaft. Es scheine aber, dass die maßgeblichen Entscheidungsträger sich entschlossen hätten, auf der „Seite der Macht zu bleiben“ und sich mit Präsident Mursi arrangiert hätten. Gleichzeitig seien Kompetenzstreitigkeiten zwischen Militär und Polizei aufgebrochen, die in mindestens einem Fall auch mit Waffengewalt ausgetragen wurden. Die wichtigsten verbliebenen Machtfaktoren würden sich so gegenseitig binden. „Gerade durch diese Situation ist die drohende Gefahr noch größer geworden, dass Mursi eine unter der Scharia stehende Islamische Republik tatsächlich durchsetzten kann, so wie sie von Salafisten und weiten Teilen der Muslimbrüder gefordert werden“, beton IGFM-Vorstandssprecher Martin Lessenthin.